Palmsonntag in Mayrhofen-Hippach
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Der Palmsonntag oder wer ist der Palmesel?

Über Osterbräuche, Palmsonntag, Brezen backen und den Palmesel

Was wäre Weihnachten ohne prächtig geschmückten Christbaum, das Erntedankfest ohne deftiges Festmahl und der Palmsonntag ohne Palmbuschen? Für viele von uns ist das unvorstellbar, obwohl der religiöse Grund dafür – die Geburt oder die Auferstehung des Erlösers – meist längst nicht mehr im Vordergrund steht und außerhalb der christlichen Welt keine Bedeutung hat.

Ich möchte erfahren, was es mit den Osterbräuchen und vor allem mit dem Palmsonntag auf sich hat. Um das herauszufinden mache ich mich auf den Weg nach Ginzling, etwa 10 Kilometer von Mayrhofen, im Zillertal entfernt. Am Hause Eberharter empfängt mich Barbara Eberharter mit einer freundlichen Geste, die mich zum Eintreten einladen soll.  Barbara ist eine sehr herzliche Frau mittleren Alters und Mutter von 5 Kindern(!).

Brezen backen

Barbara bittet mich in ihr schönes, sehr gepflegtes Haus. Auf dem Tisch vor dem Haus liegen bereits Pflanzen und Zweige für den Palmbuschen, den sie später binden wird. Normalerweise bäckt sie die Brezen erst am Sonntag vor der heiligen Messe. Ausnahmsweise, für mich, hat sie dieses Jahr früher damit angefangen. In der Küche riecht es schon nach leckerem Gebäck. Die Brezen liegen bereits auf dem Backblech am Herd. Ich warte nur darauf, dass Barbara mir zum servierten Kaffee einige Brezen anbietet. Hmmm, sind die lecker. Zum Rezept

Der Palmsonntag und der Palmesel

Ich: "Was bedeutet für dich der Palmsonntag?" Barbara: "Naja, erstmal ist es ein Brauch. Bei uns kommt jeder im Dorf am Palmsonntag mit dem Palmbuschen in die Kirche. Das haben wir schon seit Kindheit so gemacht, beziehungsweise bin ich damit aufgewachsen. Die 'Buabm' gehen mit der Stange (Anmerkung: der Palmbuschen wird auf eine sehr lange Holzstange angeheftet), die 'Dirndln' gehen mit dem Palmbuschen."

Ich: "Was hat es mit dem Palmbuschen bei euch im Ort auf sich?"

Barbara: "Natürlich geht es bei den Burschen darum, wer den längsten hat. In diesem Falle ist die längste Palmstange gemeint. Und der letzte, der mit der Stange aus der Kirche geht ist der Palm Esel. Du kannst dir vorstellen, was für ein Gedränge das ist, wenn der Pfarrer sein Grußwort gesprochen hat. Alle wollen Erster sein und rennen mit ihren Stangen nach draußen. Da bleibt man gerne einfach mal sitzen und wartet, bis das Gerangel vorbei ist."

Ostern im Zillertal - Palmbuschen binden
Ostern im Zillertal

Ich: "Du hast mehrere Dekorationen für den Palmbuschen. Warum?"

Barbara: "Das ist sehr wetterabhängig. Die Bänder aus Krepppapier verwende ich nur bei schönem Wetter. Die färben nämlich ab. Da passiert es, dass du in der Kirche sitzt, und du hast die ganze Farbe auf deinem schönen Sonntagsgewandt. Die Schleifen eignen sich gut für Schlechtwettertage, die sind aus Stoff. Wenn so ein ungewisses Wetter ist, gehen wir davor immer Wetter schauen, draußen und rätseln, welche Bänder wir nehmen sollen …."

Barbara lacht herzlich, sobald sie das erzählt und mir wird bald schon klar, warum Bräuche so wichtig sind für die Menschen. Unser Leben durchdringt eine Anzahl von Bräuchen, die uns aus dem Alltag herausheben. Sie strukturieren uns und unser Leben und befriedigen unsere Lust an Spiel und Unterhaltung.  Durch Bräuche gestalten wir Festlichkeiten und Glaubensvorstellungen. Wir geben diese an neue Generationen weiter und pochen auf die Einhaltung von allgemein anerkannten Regeln und Ritualen. Ein gelebter Brauch gilt für alle Bewohner einer Region gleichermaßen und wird von allen gleich oder ähnlich verstanden und praktiziert. Und so ist das auch in Ginzling, bei der Familie Eberharter.

Was passiert mit dem Palmbuschen nach dem großen Tag?

"Den Palmbuschen hängt man nach dem Palmsonntag irgendwo auf den Balkon oder ins Haus. Wenn ein Unwetter ist, verbrennt man ein ‚Astl’ (Anm. der Redaktion: Ästchen) im Feuer und das schützt das Haus und die Bewohner vor Unwettern", erklärt mir Barbara.

Am Palmsonntag wird also der Einzug Jesus in Jerusalem gefeiert. Jesus ritt auf seinem Esel und die Menge empfing ihn mit lautem Jubel: "Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels!" Zur Feier wurden Palmzweige gestreut, denn in vielen Regionen waren Palmen heilige Bäume. Sie waren ein Symbol für Unabhängigkeit und ein Zeichen des Sieges. Vermutungen zufolge ist die heutige Feierlichkeit in den altkirchlichen Gottesdiensten in Jerusalem begründet. Hier wurde der Einzug Christi nachgespielt und gefeiert. Die Palmweihe an sich hat jedoch einen heidnischen Ursprung.

Aber kommen wir zurück nach Ginzling im Zillertal. Barbara erklärt mir, dass es für sie sehr wichtig ist, dass beim Brezen backen oder beim Palmbuschen binden alle mithelfen: "Wir hocken alle beieinander und helfen zusammen und haben an 'Hoangarscht' " (Anmerkung: was so viel bedeutet wie Gelächter, Unterhaltung und Spaß).

Ich habe verstanden. Bräuche stellen für uns zwar konkrete Muster für wiederkehrende Situationen im Jahreskreis dar und kennzeichnen wichtige Lebensabschnitte. Das soziale Handeln ist bestimmend für den Brauchtumsablauf. Doch mehr, als die Brauchtümer und die christliche Bedeutung geht es um das Beisammensein, um das Gemeinsame in der Familie, die Dorfgemeinschaft und um die Herzlichkeit. Mir wird warm ums Herz und Barbara aus Ginzling im Zillertal ist mir damit zum großen Vorbild geworden.

Autor dieser Story: Socialweb Bildnachweis: alle Bilder ©Socialweb

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