Perchten in Mayrhofen-Hippach
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Perchtenbrauch in Mayrhofen-Hippach

"A glixeligs nois Johr"

Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt und schon erlebt man in Mayrhofen-Hippach den ersten traditionellen Brauch, der im hinteren Zillertal jährlich am 5. Jänner zelebriert wird. Die Kinder freuen sich auf das "Binggal-Perchten" gehen, während die Erwachsenen es kaum erwarten können, dass es dunkel wird und sie als "Schnaps-Perchten" durch die Häuser ziehen können!

Binggal Perchten & Schnaps Perchten

Binggal Perchten
© Thomas Eberharter Photography

Meine Nichte Maria und mein Neffe Clemens lassen es sich nicht nehmen, als "Binggal Perchten" verkleidet durch die Rauchenwaldgasse und die Mayrhofner Hauptstraße zu schlendern. "Es macht Spaß, wenn man weiß, dass einem die Menschen nicht kennen. Wir aber erkennen sie unter unseren Masken und müssen dann immer kichern, wenn sie erraten wollen, wer wir sind!" meint Clemens voller Begeisterung. Maria hält sich ein bisschen zurück, sie ist die Schüchterne von den Beiden und nimmt die Hand ihres Bruders. Mit verstellter Stimme rufen sie "A glixeligs nois Johr", was so viel heißt wie "ein glückseliges neues Jahr". Jeder freut sich über den Gruß, denn er bedeutet, dass für dieses Jahr kein Unheil kommen wird. Dafür erhalten Clemens und Maria Süßigkeiten, Mandarinen, Weihnachtskekse und auch ein paar Euros.

Ich gehe nach Hause und bereite mich auf einen gemütlichen Abend beim beleuchteten Christbaum vor. Meine Tochter Christiana kommt von ihrer Arbeit und teilt mir mit, dass sie mit ihrer Freundin "Schnaps Perchten" geht. Ich solle doch mit ihr in den Keller gehen und nach einer passenden Kleidung suchen. Während wir die alten Lumpen hervor holen, macht sich auch in mir der Wunsch breit, wieder mal als Perchte durch unseren Heimatort zu gehen. Schließlich sind wir zu viert, denn auch meine Schwester Gerlinde entschließt sich spontan, dabei zu sein. Wir verkleiden uns, trinken das erste Schapserl und beginnen unsere Tournee. Von Haus zu Haus sprechen wir die Zauberworte "A glixeligs nois Johr" und bekommen dafür ein Schnäpschen, das mit dem Strohhalm getrunken werden muss. Die Maske darf vom Gesicht nicht abgenommen werden, da man ansonsten erkannt wird.

Perchten beim Schnaps trinken
© Thomas Eberharter Photography

Groiggn & rabeins Kraut

Aber nicht nur flüssig werden die Perchten verköstigt. So mancherorts erlebt man eine regelrechte kulinarische Gaumenexplosion. So wird zum traditionellen Schnaps vor allem fettes Essen gereicht. Zwischen den Schnäpschen erfreut man sich an "Groiggn & rabeinem Kraut" (Grammeln mit Rübenkraut), selbstgebackenem Brot, Grammelschmalzaufstrich, Weihnachtskekse und auch eine kräftigende Rinderbrühe sorgt für ein angenehmes Magengefühl. Doch das Essen mit der Maske birgt seine Tücken – es ist wirklich nicht einfach zu essen, ohne die Maske abzunehmen. Man darf unter keinen Umständen erkannt werden. Wir besuchen die angesagtesten "Perchtenlocations" und werden von Haus zu Haus lustiger. Der Schnaps zeigt seine Wirkung, aus dem "glixeligs nois Johr" wird irgendwann "a glixlg nois Johr" bis zum Verlust der Muttersprache.

Schnapsperchten in Mayrhofen-Hippach

Ablarven

Doch halt – bis dorthin hat der ganze Brauch sein Ende genommen – denn um Mitternacht muss sich jede "Schnaps Perchte" zeigen, und zwar genau dort, wo er sich gerade befindet. Dies nennt man "Ablarven". Faszinierend ist, dass man im Laufe des Abends "Kollegen" dazu gewinnt, die in das gleiche Haus gehen, diese dann aber wieder auf dem Weg verliert und sich wieder neue Perchten hinzu gesellen. Lustig geht dieser feuchtfröhliche Abend zu Ende, die Freude auf das Bett ist übergroß!

Zum geschichtlichen Hintergrund dieses schönen Brauches

Perchten sind im bayerisch-österreichischen alpenländischen Brauchtum vorkommende Gestalten, die vor allem Ende Dezember und im Jänner auftreten. Der Name Perchten stammt aus dem mittelhochdeutschen Wort "berchtnacht" ab, das für den Feiertag der Erscheinung des Herren, dem heutigen Dreikönigsfest am 6. Jänner, herleitet. Im Zillertal gibt es keine "bösen" Perchten, wie in manch anderen österreichischen Regionen. In schlechten Zeiten verkleideten sich die Menschen und besuchten reiche Bauernfamilien, um ihnen ein glückseliges neues Jahr zu wünschen. Die Perchten erhielten daraufhin Speis und Trank. Durch den Besuch der Perchten wurde der Bauernhof vor Unheil für das kommende Jahr verschont.

Autor dieser Story: Elisabeth Frontull Bildnachweis: Thomas Eberharter Photography

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